Hektischer Praxisalltag: Rezepte für den Umgang mit Stress

Hektischer Praxisalltag: Rezepte für den Umgang mit Stress

Hektischer Praxisalltag: Rezepte für den Umgang mit Stress 1440 609 Sandra Limacher

Der Umgang mit stres­si­gen Pra­xis­si­tua­tio­nen sagt auch etwas über das Arbeits­kli­ma und die Füh­rung sowie Kom­mu­ni­ka­ti­on in der Pra­xis aus. Es lohnt sich, zuerst den Blick nach innen zu rich­ten, um nach aus­sen Wir­kung zu erzie­len.

Wer kennt das nicht? Kaum ist man mor­gens in der Pra­xis, kommt alles anders, als man dach­te, und die Prio­ri­tä­ten müs­sen neu sor­tiert wer­den. Die­se Situa­ti­on kann für den Arzt bezie­hungs­wei­se die Ärz­tin und das Pra­xis­team schnell eine Über­for­de­rung bedeu­ten. Denn der Tag hat nun ein­mal nur 24 Stun­den. So stellt sich die Fra­ge, ob es ein Rezept gibt, bes­ser mit dem Stress im Pra­xis­all­tag umzu­ge­hen. Wie kann die Team­ar­beit ver­bes­sert wer­den, damit sie auch in hek­ti­schen Zei­ten opti­mal funk­tio­niert.

Schlüsselfaktor Kommunikation

Ein hek­ti­scher Pra­xis­be­trieb for­dert das gan­ze Team und lenkt den Fokus aus der Per­spek­ti­ve eines Coa­chings auf zwei Fra­gen:

  • Zusam­men­ar­beit im Pra­xis­team: Sind die Zustän­dig­kei­ten, Ver­ant­wort­lich­kei­ten und Abläu­fe klar gere­gelt? Kann jedes Team­mit­glied sei­ne Stär­ken ein­set­zen oder könn­te man­ches bes­ser gere­gelt wer­den?
  • Kom­mu­ni­ka­ti­on im Pra­xis­team: Wie kom­mu­ni­zie­ren wir mit­ein­an­der? Wie kom­mu­ni­zie­ren wir in stres­si­gen Situa­tio­nen? Was läuft dann gut und wo bedarf es Ver­bes­se­run­gen? Wel­che Lösun­gen und Ideen gibt es im Team dafür?

Um das Zusam­men­spiel zu ver­bes­sern, müs­sen einer­seits die posi­ti­ven Aspek­te her­aus­ge­ar­bei­tet und damit die Stär­ken her­vor­ge­ho­ben wer­den. Ande­rer­seits müs­sen Pro­blem­fel­der und Stol­per­stei­ne beim Namen genannt wer­den, sodass gemein­sam Ver­bes­se­rungs­vor­schlä­ge erar­bei­tet wer­den kön­nen.

Mit­hil­fe einer Ska­la von 1–10 (1=schlecht, 10=sehr gut) lässt sich die Situa­ti­on zur Zusam­men­ar­beit und zur Kom­mu­ni­ka­ti­on von jedem Team­mit­glied in kur­zer Zeit bewer­ten. Es wer­den Betrach­tun­gen aus unter­schied­li­chen Per­spek­ti­ven mög­lich, die wie­der­um im Team zu neu­en Her­an­ge­hens­wei­sen inspi­rie­ren kön­nen.

Blick auf gut funktionierende Situationen

Zunächst wird auf Situa­tio­nen fokus­siert, die beson­ders gut lau­fen. Die erwähn­ten Punk­te wer­den auf Mode­ra­ti­ons­kar­ten fest­ge­hal­ten und auf einer Pinn­wand gesammelt:

  • Wie ist die Situa­ti­on, wenn alles gut läuft?
  • Was braucht es kon­kret, damit die Bewer­tun­gen erhöht wer­den kön­nen in klei­nen Schrit­ten auf der Ska­la?

Die Erkennt­nis­se betref­fend Zusam­men­ar­beit und Kom­mu­ni­ka­ti­on wer­den gesammelt und dis­ku­tiert. Wo sind die Team­mit­glie­der glei­cher Mei­nung, wo gibt es Abwei­chun­gen? Wel­che Erklä­run­gen gibt es für diver­gie­ren­de Sicht­wei­sen? Wel­che ande­ren Her­an­ge­hens­wei­sen eig­nen sich zur Ver­bes­se­rung? Was wür­de anders lau­fen, wenn alles per­fekt lie­fe? Wel­che Rol­le spielt dabei jedes Team­mit­glied und die Pra­xis­lei­tung? In einem nächs­ten Schritt kön­nen im Team Stra­te­gien und kon­kre­te Mass­nah­men abge­lei­tet wer­den.

Beson­ders wert­voll ist bei der­ar­ti­gen Work­shops der Aus­tausch im Pra­xis­team. Auch die Wert­schät­zung der Arbeit jedes Ein­zel­nen ist sehr wich­tig. Dafür bleibt im Pra­xis­all­tag oft zu wenig Zeit. Die Zuord­nung der Kom­pe­ten­zen und Ver­ant­wort­lich­kei­ten im Team ist im Work­shop meis­tens eine ange­neh­me Arbeit, weil der Auf­ga­be genug Raum gege­ben wer­den kann. Die­se Stär­kung und Zuord­nung ist die Grund­la­ge dafür, in stres­si­gen Situa­tio­nen Hand in Hand zu arbei­ten und sich auf­ein­an­der ver­las­sen zu kön­nen.

Blick auf stressige, schwierige Situationen

Auch der Fokus auf stres­si­ge, schwie­ri­ge Situa­tio­nen lohnt sich:

  • Wie äus­sern sich stres­si­ge, schwie­ri­ge Situa­tio­nen?
  • Wie ent­ste­hen die­se Situa­tio­nen?
  • Wie kön­nen wir bes­ser damit umge­hen?
  • Wel­che drei bis fünf kon­kre­ten Regeln hal­ten wir fest, um in Zukunft die­se Situa­tio­nen bes­ser zu bewäl­ti­gen?

Bewusstsein schaffen

Durch die Aus­ein­an­der­set­zung mit gut funk­tio­nie­ren­den und schwie­ri­gen Situa­tio­nen gewinnt das Pra­xis­team ein Bewusst­sein für her­aus­for­dern­de Situa­tio­nen, deren Ursa­chen und Aus­wir­kun­gen auf die Team­zu­sam­men­ar­beit im Pra­xis­all­tag. Dank der Visua­li­sie­rung mit­hil­fe der Ska­la und der Mode­ra­ti­ons­kar­ten sowie der Betrach­tung aus ver­schie­de­nen Per­spek­ti­ven erhält das Team einen über­ge­ord­ne­ten Blick auf diver­se Situa­tio­nen und kann dar­aus not­wen­di­ge Schlüs­se für die Ver­bes­se­rung der Zusam­men­ar­beit und die Kom­mu­ni­ka­ti­on in stres­si­gen Situa­tio­nen ablei­ten. Aus­ser­dem erkennt jedes Team­mit­glied, dass jede All­tags­si­tua­ti­on ein Lern­feld für die per­sön­li­che Wei­ter­ent­wick­lung und das Mit­ein­an­der im Team ist. Am Ende kommt es auf die Gesamt­leis­tung des Teams an. Das erhöht auch die Moti­va­ti­on für jeden Ein­zel­nen.

Transfer in den Praxisalltag

Beson­ders hilf­reich ist es für ein Team, Klar­heit über die Ursa­chen der stres­si­gen und schwie­ri­gen Situa­tio­nen zu erlan­gen. Ein Team, das ich in die­sem Pro­zess betreu­en durf­te, tauscht sich nun regel­mäs­sig in Sit­zun­gen über schwie­ri­ge Situa­tio­nen aus, um sich wei­ter­zu­ent­wi­ckeln und ein Bewusst­sein für einen adäqua­ter Umgang im Team als auch mit Pati­en­ten zu schaf­fen. Dadurch ver­bes­sert sich die Kom­mu­ni­ka­ti­on und der Infor­ma­ti­ons­fluss. Die Per­spek­ti­ve des Pati­en­ten mit sei­nen Erwar­tun­gen und Bedürf­nis­sen wird mehr geschärft; dies erleich­tert sowohl die Pati­en­ten­füh­rung als auch die Zusam­men­ar­beit im Team.

Fragen zum Fall an Sandra Limacher

Wann emp­fiehlt sich ein Work­shop zum The­ma «Stress­be­wäl­ti­gung»?
Grund­sätz­lich lohnt sich ein sol­cher Work­shop immer. Das Pra­xis­team erhält die Chan­ce, die Zusam­men­ar­beit und das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­ver­hal­ten zu reflek­tie­ren und sich zu ver­bes­sern. Das wirkt sich posi­tiv auf das Arbeits­kli­ma und die Moti­va­ti­on im Team aus, hat aber auch einen posi­ti­ven Effekt auf die Pati­en­ten­zu­frie­den­heit.

Wie gross ist der­Auf­wand für ein Work­shop?
Je nach Aus­gangs­la­ge benö­tigt das Pra­xis­team 2–3 Halb­ta­ge, um eine nach­hal­ti­ge Stär­kung in der Kom­mu­ni­ka­ti­on und Zusam­men­ar­beit zu errei­chen. Die­ser «Auf­wand» ist am Ende ein Gewinn, den jeder im All­tag bemer­ken wird.

Die­ser Arti­kel wird publi­ziert in der Ärz­te­fach­zeit­schrift Haus­arzt­pra­xis.

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